„Männer werden sieben Jahre alt, dann wachsen sie nur noch“, heißt ein deutsches Sprichwort. Häufig wird es belächelt, es wird auf Männer aus dem eigenen Umfeld verwiesen. Doch nicht immer ist der neckische Seitenhieb angebracht. In manchen Fällen steht dahinter eine ernst zu nehmende psychische Verhaltensweise, auch Peter-Pan-Syndrom genannt. 

Wer jetzt an die Kindergeschichten von James Matthew Barrie rund um Peter Pan denkt, das Kind, das nie erwachsen wird, liegt goldrichtig. Das Kind aus Nimmerland inspirierte den Familientherapeuten Dan Kiley, sein Anfang der 1980er-Jahre erschienenes Ratgeberbuch „Peter-Pan-Syndrom“ zu nennen. Der Begriff blieb auch danach als Bezeichnung für unangemessen kindliche Verhaltensmuster bei Männern populär. 

Mögliche Symptome

Natürlich ist nicht jeder Mann, der gelegentlich zu kindlichem Verhalten neigt, vom Peter-Pan-Syndrom betroffen. Es gibt jedoch Anzeichen, die eine Einschätzung einfacher machen. Wichtig ist zu beachten, dass nur in den seltensten Fällen alle der folgenden Punkte auf einen Mann mit Peter-Pan-Syndrom zutreffen. 

Bindungsängste: Ein Peter-Pan-Mann geht, wenn überhaupt, nur kurze und oberflächliche Beziehungen ein. Ein Blick in die Zukunft? Kaum etwas kann ihm mehr Angst einjagen. Die Verpflichtungen, insbesondere in einer Liebesbeziehung, wirken auf ihn einschüchternd, weshalb er lieber unabhängig und frei bleibt. Mit Freunden macht der Peter-Pan-Mann nur etwas, um zu feiern und Spaß zu haben. Dabei fällt auf, dass er bei den meisten Erwachsenen in seinem Alter nicht gut ankommt, weshalb er mit deutlich jüngeren Menschen seine Zeit verbringt. 

Eine Ausnahme stellt die Mutter dar. Mit ihr teilt der Peter-Pan-Mann die innigste und langfristigste Beziehung. 

Muttersöhnchen: Die enge Bindung zur eigenen Mutter funktioniert auch deshalb, weil der Peter-Pan-Mann sich von ihr sehr gerne umsorgen lässt. Egal ob Wäsche oder allgemeine Haushaltstätigkeit, für den Peter-Pan-Mann ist es nicht peinlich, sondern ein Schutz vor Eigenständigkeit. Im Übrigen muss das aber nicht immer die eigene Mutter machen, auch andere Menschen wie Partner werden zu diesem Zweck gerne herangezogen. In gewisser Weise kann es auch an das klassische Macho-Verhalten erinnern. 

Verantwortungsloses Verhalten: Da für den Peter-Pan-Mann der eigene Spaß im Vordergrund steht, kann er keine wirkliche Verantwortung übernehmen. Er wird sich vor (fast) allen Pflichten und Aufgaben drücken, wo er nur kann. Will man es mit Betroffenen ausdiskutieren, reagieren sie häufig kindisch. Sie sind schnell beleidigt, nicht kritikfähig und verlassen bei Konfrontation einfach den Raum. Ebenso verantwortungslos kann ihr Umgang mit Geld sein. Wie viele Kinder lässt sich ein Peter-Pan-Mann lieber von den eigenen Gefühlen leiten und gibt Geld rein zu seinem eigenen Vergnügen aus. Er denkt dabei nicht über die Zukunft nach und ob er sich das überhaupt leisten kann.

Egoistisches Verhalten: Aus den bereits genannten Punkten ergibt sich ein egoistisches Verhalten. Hilfsbereitschaft und Einfühlungsvermögen sucht man bei Betroffenen vergeblich. Neben Egoismus ist häufig auch ein hohes Maß an Selbstüberschätzung ein Merkmal des Peter-Pan-Syndroms.

Angst vor Gefühlen: Sich den eigenen Gefühlen zu stellen, ist für einen Peter-Pan-Mann vielleicht die größte Herausforderung. Häufig werden Betroffene versuchen, sie mit Macho-Getue und/oder egozentrischem Verhalten zu überspielen. 

Entscheidungsproblematik: Was vielen Menschen vielleicht vom Scrollen durch diverse Streaming-Angebote bekannt sein dürfte, begleitet den Peter-Pan-Mann in allen Bereichen des Lebens. Er weiß nie, was er wirklich will.

Ursachen

Die „Schuld“ liegt nur bedingt bei den Peter-Pan-Männern selbst. Einen großen Anteil haben auch Eltern an dieser Entwicklung, die aufpassen müssen, dass sie ihr Kind nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig versuchen zu beschützen und zu bemuttern.

Auf der einen Seite stehen die Helikoptereltern, die ihre Kinder beinahe unter all ihrer Liebe erdrücken. Wegen der ständigen Präsenz der Eltern fällt es Kindern schwer, einen eigenen Weg zu gehen und eine eigene Persönlichkeit zu entfalten. Diese verpasste Chance wollen sie als Konsequenz unterbewusst im Erwachsenenalter nachholen. Auch zu viel Lob kann schädlich für die Entwicklung sein. Betroffenen fällt es dadurch im späteren Leben schwer, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. 

Auf der anderen Seite stehen Eltern, die ihren Kindern zu wenig Liebe schenken. Das Kind leidet darunter und bekommt den Eindruck, nicht liebenswürdig zu sein. Im Erwachsenenalter sind solche Personen stark von ihrer Angst vor Zurückweisung und Versagen eingenommen und versuchen es mit kindischem Verhalten zu kompensieren. Sind Eltern zu dominant, haben Kinder das Gefühl, den Ansprüchen nicht gerecht werden zu können. Aus Selbstschutz heraus wehren sich Peter-Pan-Männer deshalb gegen das Erwachsensein im Allgemeinen. 

Das Wendy-Syndrom 

Es ist natürlich wichtig zu erwähnen, dass in diesem Artikel von Extremfällen ausgegangen wird. Kindische fünf Minuten hat vermutlich fast jeder Mensch ab und zu. Sollte der ernsthafte Verdacht des Peter-Pan-Syndroms jedoch bestehen, ist es wichtig, vorsichtig mit Betroffenen ins Gespräch zu kommen, denn häufig fällt es ihnen selbst gar nicht auf. Ganz nach dem Motto: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. 

Das Wendy-Syndrom ist eine weitere psychische Verhaltensweise aus dem Nimmerland. Wendy, Peter Pans beste Freundin, ist in den Geschichten immer darauf bedacht, es anderen Personen recht zu machen. In extremeren Fällen wird dieses Syndrom von Betroffenen durch aufopferungsvolle Verhaltensmuster ausgelebt. Was auf den ersten Blick löblich und selbstlos erscheinen mag, kann schnell dazu führen, dass Menschen mit dem Wendy-Syndrom jegliche Selbstständigkeit und das Bewusstsein auf sich selbst zu achten, verlieren. 

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