Sexualisierung von Frauen

Entgegen der Annahme vieler, dass sich in Film- und Serienproduktionen mittlerweile eine solide Geschlechtergerechtigkeit eingestellt hat, sind Frauen immer noch nicht ausreichend repräsentativ – egal, ob das Regie, Produktion oder die Schauspielerei betrifft. Wenn sie dann doch mal auftauchen, werden sie häufig in superengen und superkurzen Klamotten inszeniert und warten darauf, dass der Held der Geschichte (natürlich ein Mann) sie rettet.

Studien der Filmförderanstalt (FFA) „Gender und Film“ und „Gender und Fernsehen“ sowie die Studie „Audiovisuelle Diversität“ der MaLisa Stiftung machen deutlich: Seit knapp fünfzig Jahren hat sich mehr oder weniger nichts in der Film- und Serienproduktion verändert – Frauen sind weiterhin unterrepräsentiert oder supersexualisiert. Nicht nur, dass Frauen in visuellen Medien weniger vertreten sind als Männer (auf eine Frau kommen zwei Männer), verschwinden die weiblichen Figuren ab dem 30. Lebensjahr ganz von der Bildfläche. Während Hollywood-Giganten wie Robert De Niro oder Sylvester Stallone auch noch mit über siebzig Jahren in internationalen Blockbustern mitmischen, ist die Anzahl von Frauen erschreckend gering. Laut der MaLisa Stiftung beträgt die Repräsentation von Frauen über fünfzig Jahren im Verhältnis zu Männern 1:8.

MALE GAZE

Aber nicht nur vor der Kamera, auch als Regisseurinnen sind Frauen deutlich unterbesetzt. Daraus entsteht oft der sogenannte Male Gaze, also eine männliche heterosexuelle Perspektive auf Frauen. Das Phänomen wurde von Laura Mulvey geprägt, die feststellte, dass Frauen in Filmen als Objekte des Starrens inszeniert werden. Obwohl der Begriff erstmals 1975 durch die Vielzahl von männlichen Hollywood-Schauspielern verwendet wurde, ist das Konzept, welches Männer als Betrachter und Frauen als Betrachtende vorsieht, weiterhin aktuell. Filme wie „James Bond“ (1962) oder „Transformers“ (2007) sind nur zwei Beispiele, die den männlichen Blick verdeutlichen. Den Zuschauern wird die dominante männliche Figur als Träger des Films inszeniert, der die Handlung vorantreibt. Frauen hingegen nehmen oft die passiv-unterwürfige Position ein, die entweder als makellose Accessoires dienen oder die „Jungfrau in Nöten“ verkörpern, die von dem männlichen Protagonisten gerettet werden muss. Ob das Mary Jane in „Spiderman“ (2002), Bella in „Twilight“ (2008) oder alte Zeichentrickfilme á la „Schneewittchen“ (1937) sind – all diese Figuren entsprechen dem vorherrschenden Schönheitsideal, sind emotional und physisch von dem Hauptprotagonisten abhängig und nicht älter als 30.

KEINE IDENTIFIKATIONSMÖGLICHKEIT

Die Darstellungen von Frauen in Filmen oder Serien beeinflussen die Zuschauer, die im Kinosaal oder vor dem Fernseher sitzen und nach einer Identifikationsmöglichkeit suchen – und dann feststellen: Es gibt keine. Denn wenn ich mich den Vorstellungen anpasse, die mir in diversen Produktionen eingetrichtert werden, besteht mein einziger Nutzen als Frau darin, den Männern in meinem Leben stets freundlich, gut gelaunt und besonnen zur Seite zu stehen (selbst, wenn diese sich verhalten wie Arschlöcher), top gestylt im engen, schwarzen Kleid am Abendbrottisch zu sitzen und die stumme, hübsche Freundin zu mimen. Das klingt gar nicht nach den modernen, aufgeklärten Vorstellungen einer Frau im 21. Jahrhundert, oder? Also, warum werden diese stereotypischen Bilder weiterhin in Film- und Serienproduktionen benutzt? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil wir eben immer noch in einer Welt leben, in der Mann und Frau weder in der Fiktion noch in der Realität gleichgestellt sind.

STARKE FRAUENFIGUREN

Zwar gehören Filme wie „Transformers“ (2007) und die supersexualisierte Darstellung von Megan Fox mittlerweile der Vergangenheit an – die Normalisierung von frauenfeindlichen Stereotypen jedoch nicht. Trotzdem finden sich in moderneren Produktionen immer mehr toughe Protagonistinnen. Frauen wie „Wonder Women“ (2017), „Harley Quinn“ (2020) oder „Katniss Everdeen“ (2012) werden (zu recht) als Heldinnen gefeiert. Obgleich starke Frauenfiguren natürlich absolut erstrebenswert sind, sind solche Produktionen häufig ein zweischneidiges Schwert – entweder die Frau wird nur auf ihre Emotionalität reduziert oder auf ihre physischen Fähigkeiten. Ein gutes Beispiel für die Eindimensionalität von weiblichen Heldinnen ist „Black Widow“ (2021). Die bekannte Figur aus dem Marvel Cinematic Universe war lange Zeit die einzige Frau zwischen den männlichen Helden. Der diesjährige Marvel-Film dreht sich zwar um die Entstehung der Superheldin, in der Vergangenheit fehlte ihr jedoch (im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen) jeglicher Tiefgang oder Hintergrund. Ausschließlich ihre kämpferischen Fähigkeiten wurden ihr als Stärke ausgelegt – andere Gefühlswelten wurden wenig bis gar nicht beleuchtet. Obwohl der Sexismus in diesem Fall nicht offensichtlich ist, ist er trotzdem vorhanden.

Wir haben den männlichen Blick auf Frauen in Serien- und Filmproduktionen mittlerweile so stark normalisiert und verfestigt, dass uns dieser immer seltener bewusst wird. Umso wichtiger ist es, Filme und Serien kritisch zu reflektieren, damit in Zukunft mehr vielschichtige und eigenständige Frauen auf der Kinoleinwand zu sehen sind, die Identifikationsmöglichkeiten für Frauen und Mädchen bieten und uns zeigen, dass Frauen viel mehr sein können als das schöne Anhängsel eines Mannes.

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