Warum mit der Angst vor Spinnen nicht zu spaßen ist

Da möchte man sich gerade in Ruhe schlafen legen, als man einen kleinen Schatten in der hintersten Ecke des Raumes wahrnimmt – eine Spinne seilt sich langsam von der Decke herab und kommt immer näher. An Schlaf ist jetzt für Menschen mit Arachnophobie, der Angst vor Spinnen, nicht mehr zu denken. Alleine das achtbeinige Ungeheuer zu entfernen, ist schon ein Akt, der für manche eine unglaubliche Herausforderung darstellt. Aber warum eigentlich?

Es ist doch ein bisschen paradox. In Deutschland lebt keine Spinnenart, die dem Menschen gefährlich werden könnte, und dennoch fürchtet sich knapp jeder Dritte vor den Achtbeinern. Ganz geklärt ist der Grund bis heute nicht, aber vermutlich ist es ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren. 

Die favorisierte These besagt, dass Kinder sich durch das Verhalten ihrer Eltern ebenfalls eine Angst vor Spinnen aneignen. Das kann sich über Jahre hinweg verschärfen und im Erwachsenenalter zu einer echten Phobie führen. Diese Überlegung als einzigen Grund zu nennen, wäre etwas dünn, wie ein Versuchsaufbau zeigt, der näher im Fachblatt „Frontiers in Psychology“ beschrieben wird. 

In der Evolution verankert

Das Experiment stammt von den Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Die Wissenschaftler zeigten sechs Monate alten Babys Fotos mit verschiedenen Motiven, darunter Blumen, Fische, Schlangen und Spinnen. Die Reaktionen der Kinder versuchten sie an der Veränderung der Pupillen abzulesen. Dabei fiel auf, dass die Babys auf Bilder von Krabbel- und Kriechtieren mit größeren Pupillen reagierten – eine Stressreaktion. Im Alter von sechs Monaten hatten die Säuglinge aber kaum Zeit sich die Gewohnheiten ihrer Eltern anzueignen. „Wir gehen davon aus, dass die Angst vor Spinnen und Schlangen einen evolutionären Ursprung hat“, erklärt Stefanie Höhl, Leiterin des Versuches. Sie vermutet, dass die extreme Reaktion auf diese Tiere ihren Ursprung schon vor 40-60 Millionen Jahren hat, als sich die ersten Primaten entwickelten. Da die Vorfahren des Menschen bereits damals mit gefährlichen Spinnen zusammenlebten, könne sich Höhl zufolge die Furcht vor Spinnen über einen langen Zeitraum in unserem Gehirn festgesetzt haben. Dass es eine tief verankerte Schutzreaktion ist, lässt auch eine andere Erkenntnis vermuten. Als man den Babys Bilder von Bären zeigte, die sich erst im späteren Verlauf der Evolution entwickelten, reagierten sie nicht mit Angst. 

Eine dritte Theorie über die weit verbreitete Angst vor Spinnen erklärt die seltsame, menschenunähnliche Fortbewegungsart der kleinen Tierchen zum Hauptschuldigen. Für Menschen, die an einer Spinnenphobie leiden, ist vor allem die unberechenbare Art und Weise der Fortbewegung der Spinnen eine Zerreißprobe. Geräuschloses, blitzschnelles Krabbeln, die Fähigkeit an Gegenständen und Körpern emporzuklettern und das freie Schwingen an einem Netz, machen die Spinnen zu wahren Ungeheuern. 

Behandlungsmöglichkeiten

Wie jede Angst, kann auch die Arachnophobie in extremeren Fällen das Leben von Betroffenen stark einschränken. Man meidet es in den Keller oder die Garage zu gehen und checkt jeden Raum doppelt nach Spinnen ab, bevor man sich entspannt setzen kann. Glücklicherweise gibt es entsprechende Therapien, die Betroffenen helfen sollen, diese Angst zu überwinden. Um herauszufinden, ob man selbst eine solche Behandlung nötig hat, sollte man sich zwei Fragen stellen: Wie stark bin ich im Alltag dadurch eingeschränkt und wie sehr leide ich unter meiner Angst vor Spinnen?

Wie so oft bei Ängsten besteht die Kunst darin, sich ihnen zu stellen. Gegenüber „Planet Wissen“ beschreibt Martina Krämer, Psychologische Psychotherapeutin am Institut für Psychologie an der Universität Freiburg, das konkrete Vorgehen. „Die Konfrontationstherapie ist eine sehr erfolgreiche Methode. meist genügen schon wenige Sitzungen, um den Betroffenen zu helfen.“

Zu Beginn schaut sich der Therapeut gemeinsam mit dem Phobiker Bilder und Filme an. Wenn der Patient sich bereit fühlt, versucht er sich auch räumlich anzunähern und das Tier sogar zu berühren. Je nach dem, ob der Betroffene nach der Behandlung nur entspannt mit einer Spinne im Raum sitzen können will, oder seine Berührungsängste komplett besiegen will, kann diese Therapie natürlich noch weitergeführt werden. 

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