Bild: © Raimond Spekking, Wahlkampf Landtagswahl NRW 2022 - SPD - Roncalliplatz Köln 2022-05-13-4425, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons (Bildgröße geändert)

Die deutsche Bundesregierung ist in ihren Gesprächen mit dem Irak bezüglich eines Migrationsdeals wohl weiter, als öffentlich bekannt. Die Opposition übt Kritik an den veröffentlichten Dokumenten.

Das berichtete die Tagesschau. Für den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz sind derzeit Vereinbarungen mit Staaten, aus denen viele Asylbewerber kommen, am wichtigsten. Der SPD-Politiker sagte, in „kurzer Zeit“ schon würden sie die „wichtigste Veränderung“ bedeuten. Für die Bundesregierung gelten sie als das zentrale Instrument in der Migrationspolitik. Der Irak wiederum gilt seit vielen Monaten schon als besonders interessanter Verhandlungspartner, da von dort außergewöhnlich viele abgelehnte Asylbewerber kommen. Laut einer Recherche von NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung ist die Bundesregierung mit ihren Verhandlungen derzeit schon viel weiter, als öffentlich bekannt gegeben. Der Vorgang soll jedoch vorerst geheim bleiben.

„Mehrgleisiges Programm“ geplant

Schon seit Jahren versucht Deutschland, die Zahl der Abschiebungen in den Irak zu erhöhen. Ende Oktober lebten hierzulande laut Bundesinnenministerium etwa 26.000 ausreisepflichtige Iraker – die mit Abstand häufigste Nationalität unter den Ausreisepflichtigen. Im gesamten Jahr 2022 waren allerdings nur 77 Personen direkt in den Irak abgeschoben worden. Das vorliegende dreiseitige DIN-A-4-Dokument zeigt die gemeinsamen Ziele auf: Beide Seiten bekunden „ihren Wunsch, ihre gegenseitige Zusammenarbeit im Bereich der Migration, einschließlich der legalen Migration, der konsularischen Zusammenarbeit, der Rückkehr und der Integration, zu verstärken“. Ein wichtiges Ziel sei es, die „freiwillige Rückkehr von Personen ohne Aufenthaltsrecht“ zu fördern. Dafür wolle man ein „mehrgleisiges Programm“ auflegen.  

Als Durchbruch beim Thema Abschiebung kann die festgehaltene Formulierung gelten, dass jetzt grundsätzlich alle Personengruppen infrage kommen: Beide Seiten vereinbarten, „die Rückübernahme von Staatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise, die Anwesenheit oder den Aufenthalt im jeweiligen Hoheitsgebiet“ zu erfüllen. Das bedeutet, dass der Irak sich damit bereit erklärt, nicht mehr nur wie bisher vor allem straffällig gewordene Menschen zurückzunehmen, sondern grundsätzlich alle Staatsbürger. Zudem soll auch die Identitätsfeststellung geregelt werden, welches das größte Problem im Abschiebebereich darstellt. Wenn die Identität ungeklärt ist, wollen beide Seiten biometrische Daten austauschen. Irakische Botschaftsmitarbeiter führten Interviews mit möglichen Staatsangehörigen, um die Identität festzustellen. 

Opposition fordert Offenlegung

Die deutschen Oppositionsparteien sehen die veröffentlichten Papiere jedoch als sehr kritisch an. „Bei Abschiebungen geht es schlimmstenfalls um Leben und Tod, mindestens aber um die Gewährleistung grundlegender Rechte“, sagt Linken-Politikerin Clara Bünger. „Die Bundesregierung muss offenlegen, was mit dem Irak zum Thema Abschiebungen vereinbart wurde.“ Alexander Throm (CDU), der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, hat zwar grundsätzlich Verständnis für derartige vertrauliche Absprachen. Jedoch: „Der Kanzler kann Migrationsabkommen nicht ins Zentrum seiner Politik stellen und dann Parlament und Öffentlichkeit komplett darüber im Unklaren lassen, welche Abkommen mit welchen Staaten abgeschlossen wurde“, sagt Throm. 

Bild: © Raimond Spekking, Wahlkampf Landtagswahl NRW 2022 – SPD – Roncalliplatz Köln 2022-05-13-4425, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons (Bildgröße geändert)