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Videospiele: Reine Zeitverschwendung oder gut für das Gehirn?

Machen Videospiele dumm oder gar gewalttätig? Wer wie ich schon seit seiner Kindheit leidenschaftlich gerne zockt, ist bestimmt auch mit diesen weit verbreiteten Vorurteilen vertraut. Vielleicht könnt ihr euch auch noch daran erinnern, wie skeptische Eltern den Gameboy oder Nintendo mit misstrauischen Augen begutachtet haben und zu dem Schluss gekommen sind, dass so etwas ja wohl kaum gut für das Gehirn sein kann. Seit der Debatte um die sogenannten „Killerspiele“ und suchtfördernden Games Anfang der nuller Jahre hat sich jedoch einiges getan: Wissenschaftlichen Studien zufolge haben Videospiele bei weitem nicht nur schlechte Auswirkungen auf das Gehirn.

Videospiele sind mittlerweile vollständig in der Gesellschaft angekommen – und das ganz unabhängig von Geschlecht und Alter. So vertreiben sich viele Menschen die Wartezeit im Zug mit Handyspielen, ältere Personen werden offener gegenüber Videospielen und insbesondere in Zeiten der Corona-Pandemie greifen auch diejenigen, die bislang nichts mit Gaming am Hut hatten, zum Controller. Das Klischee des vereinsamten und vor allen Dingen männlichen Nerds, der im Keller sitzt und keinerlei soziale Kontakte pflegt, könnte also gerade heute nicht weiter von der Realität entfernt sein. Auch in der Wissenschaft gewinnt dabei die Frage nach den positiven Effekten der Games an Relevanz.

Eine aktuelle Studie der Universität Oberta de Catalunya in Barcelona zielte darauf ab, zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen der Verbesserung der Hirnfunktion und dem Spielen von Videospielen bei gleichzeitiger Hirnstimulation besteht. Dabei wurden Erwachsene im Alter von 18 bis 40 Jahren beobachtet, die über einen Zeitraum von 15 Tagen das Spiel „Super Mario 64“ spielen und jeweils vor und nach dem Zocken Denkaufgaben lösen sollten. Einige Testpersonen waren dabei bereits mit Videospielen vertraut und gaben an, schon vor der Studie regelmäßig ihre Freizeit damit verbracht zu haben, andere hatten hingegen noch nie gezockt.

Die Ergebnisse, die die Studie hervorbrachte, sind erstaunlich: So konnte tatsächlich herausgefunden werden, dass Videospiele unsere kognitiven Fähigkeiten verbessern können. Die Teilnehmer, die zuvor noch nie Videospiele konsumiert hatten, schienen durch diese eine Art kognitiven Schub erhalten zu haben, welchen die Personen, die bereits in ihrer Kindheit regelmäßig gezockt hatten, während der gesamten Studiendauer aufwiesen. Daraus wurde geschlossen, dass die Gehirnfunktionen dieser Menschen auch bis ins Erwachsenenalter hinein, insbesondere in Bezug auf die Reaktionszeit, das Erinnerungsvermögen und das räumliche Verständnis, signifikante Verbesserungen aufweisen.

Andere Studien zu diesem Thema suggerieren ebenfalls, dass Menschen, die häufig Videospiele spielen, kreativer im Lösen von Problemen sind. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass die Spiele die Hirnregionen, welche für das Lernen und das Gedächtnis zuständig sind, stimulieren. Zudem ließ sich auch beobachten, dass Computerspiele, entgegen der geläufigen Vorurteile, sogar die Konzentrationsfähigkeit fördern und das Empathievermögen unterstützen können. Letzteres sollte für Gamer keine überraschende Nachricht sein: Schließlich schlüpft man in Videospielen in unzählige Rollen, verfolgt dabei gespannt die Schicksale der Charaktere und fiebert mit diesen mit. Hierbei ist anzumerken, dass die kognitive Verbesserung auch mit der Komplexität des Spiels zusammenhängt.

Untersuchungen, die hingegen zum Ziel hatten, einen Zusammenhang zwischen Gewalt oder kognitiver Abstumpfung und dem Spielen von Games nachzuweisen, konnten jedoch kaum Ergebnisse hervorbringen, die auf eine solche Verbindung hinwiesen. So kam eine Langzeitstudie, welche über zehn Jahre hinweg jugendliche Gamer beobachtete, zu dem Ergebnis, dass Heranwachsende, die Spiele wie Grand Theft Auto spielen, nicht zu einem höheren Gewaltpotenzial neigen.

VIRTUAL REALITY – DIE ZUKUNFT DES GAMINGS?

Auf Basis dieser Erkenntnisse wäre es meiner Meinung nach durchaus angebracht, sich auf unvoreingenommene Art und Weise die Frage zu stellen, welche Chancen und Möglichkeiten sich durch den Einsatz von Videospielen in Zukunft ergeben könnten. So steckt nicht nur in geliebten Games wie Super Mario großes Potenzial für unsere geistigen Fähigkeiten. Denn Spielentwickler versuchen nun schon seit Jahren durch sogenannte Serious Games – also Spiele, die nicht in erster Linie auf die Unterhaltung der Spieler abzielen und häufig auch Bildungsinhalte vermitteln – ein interessantes Lernerlebnis anzubieten, bei dem die Wissenserweiterung und die Verbesserung der geistigen Fähigkeiten der Gamer*innen im Vordergrund steht. Dieses Konzept konnten in den letzten Jahren auch mithilfe von Virtual und Augmented Reality – also dem Eintauchen in eine komplett virtuelle oder sogenannte „erweiterte“ Realität – ausgebaut werden. Videospiele sind daher alles andere als ein sinnloser Zeitvertreib. Für die Zukunft gilt es gespannt zu bleiben, welche Möglichkeiten des Lernens sich in den kommenden Jahren für wissenshungrige Videospielliebhaber ergeben werden und welche Erkenntnisse die Wissenschaft in Bezug auf die Auswirkungen von Videospielen noch für uns bereithält.

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